Zwei inhaltlich und musikalisch sehr unterschiedliche Opern zweier Komponisten aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert miteinander verzahnt, dargeboten in einem der schönsten Rokokotheater Deutschlands, inszeniert von einem Regisseur, der für schräge TV- und Kinofilme bekannt ist. Kann das gutgehen? Und ob, fanden 20 Mitglieder der Regionalgruppe München.
Münchens Oper und Orchester genießen Weltruf, und die RG München nutzt deren Angebot so oft wie möglich. Und doch können Musikerlebnisse jenseits der großen Bühne oft mindestens genauso begeistern. Dies galt sowohl für die Musik wie die Inszenierung von Mavra/Iolanta: Das Opernstudio, die „Nachwuchsschmiede“ der Bayerischen Staatsoper, verschachtelte zwei selten gespielte Opern-Einakter in einer Neuproduktion: Die neoklassische Opera buffa Mavra von Igor Strawinsky (Uraufführung 1922 in Paris), basierend auf einem Versgedicht des russischen Nationaldichters Puschkin, und Iolanta, Peter Tschaikowskys romantische letzte Oper von 1892; an der Bayerischen Staatsoper wurde das Werk 1897 zum ersten und bisher einzigen Mal inszeniert, Mavra wurde noch nie hier gegeben.
Regisseur dieses kuriosen – und wie die Süddeutsche Zeitung befand rundum geglückten – Experiments war Axel Ranisch, der für Filme wie Dicke Mädchen, Familie Lotzmann oder Tatort-Episoden bekannt ist. Er hatte die Idee, die Handlung von Mavra, eine burleske Liebesgeschichte zwischen einer findigen jungen Frau und ihrem als Köchin verkleidet in die Familie eingeschmuggelten Verehrers, in den Kopf der blinden Prinzessin Iolanta zu verlegen. Von der Außenwelt abgeschnitten, denkt sie sich lustige Szenen aus – die Handlung von Mavra – , während sie auf ihre Verheiratung wartet. Während Iolanta im Hintergrund die Geschichte in der Geschichte mit Puppen darstellt, agieren vorne als Puppen verkleidete Sänger. Das funktionierte großartig, und so war diese Kombination der beiden Opern vermutlich spannender, als sie einzeln gewesen wären. Das Orchester unter Leitung der russischen Dirigentin Alevtina Ioffe spielte mitreißend, die SängerInnen überzeugten uns durchweg.
Viele der anwesenden DAAD-StipendiatInnen waren russischsprachig. Auch ihnen waren die beiden Opern überwiegend unbekannt und sie waren neugierig, wie die nicht-muttersprachlichen Sänger mit dem Russischen zurechtkommen würden. Im Allgemeinen klappte das wohl ganz gut.
Der deutsch-russische Kulturaustausch ist in München besonders intensiv. So sind die Dirigenten seiner drei Weltklasseorchester Russen bzw. in Russland ausgebildet und bringen öfter als andernorts üblich russische Komponisten zur Aufführung.
Die RG München erlebte die Aufführung im Cuvilliés-Theater, einem der bedeutendsten Rokokotheater Deutschlands, fertiggestellt 1752 als Teil der Münchner Residenz. Viele Opern wurden hier auf die Bühne gebracht, so etwa 1781 die Premiere von Mozarts Idomeneo. 1806 besuchte Kaiser Napoleon, der Bayern zum Königreich machte, hier eine Aufführung von Don Giovanni. Wir wandelten also in illustren Fußstapfen.
Sibylle Wahl, DAAD Freundeskreis München
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